Das größte Buch der Welt zählt 730 Seiten, ausgebreitet über die gesamte Tempelanlage der Kuthodaw-Pagode in Mandalay, Myanmar. Dabei besteht jede Seite aus einer 107 cm breiten, 153 cm hohen und 13 cm dicken Marmorplatte, in die in mühevoller Kleinstarbeit die buddhistischen Lehren des Pali-Kanons Tipitaka  gemeißelt und zur Aufbewahrung jeweils in einer eigenen kleinen Pagode untergebracht wurden.

Das Größte Buch der Welt wird geplant

Die Idee zum Bau einer solchen Tempelanlage zur nachhaltigen schriftlichen Niederlegung der Lehren Buddhas entstand aus dem 5. buddhistischen Kongress, den Mindon Min in Mandalay abhielt. Als vorletzter König von Birma regierte er das Land vom 18. Februar 1853 bis zum 01. Oktober 1878.

Die Kuthodaw-Pagode in Mandalay

Die Kuthodaw-Pagode in Mandalay

Nachdem der südliche Teil Birmas Mitte des 19. Jahrhunderts schon von England annektiert wurde, befürchtete er, dass auch seinem Teil des Landes im Norden bald ein ähnliches Schicksal drohen und die buddhistischen Lehren bald verdrängt werden würde.Damit die Lehrreden des 500 v. Chr. lebenden Buddha Gautama nicht in Vergessenheit gerieten, ließ Mindon ihm ein Denkmal errichten, das auch noch nach Tausenden von Jahren der Nachwelt zugänglich sein sollte

Das Größte Buch wird gebaut

Am 14. Oktober 1860 wurde schließlich mit den Bauarbeiten zum größten Buch der Welt begonnen. In vergoldeten Lettern wurden das Leben des Buddha Gautama und seine Lehrtradition Theravada im Pali-Kanon Tipitaka auf 729 Marmorplatten niedergeschrieben. Auf einer letzten Platte kann man die Geschichte zur Entstehung des Buches lesen.

Bevor der Text in Stein gemeißelt werden konnte, musste er erst einmal auf Papier gebracht werden. In sorgfältiger Kleinarbeit machten sich geübte Schreiber daran, die Tipitaka von den in der königlichen Bibliothek aufbewahrten Palmenblättern oder peisa abzuschreiben. Insgesamt besteht die Tipitaka (Dreikorb) aus drei großen Teilen, der Vinayapitaka (Ordensregeln), der Suttapitaka (Lehrreden Buddhas) und der Abhidhammapitaka (Abhandlungen, Höhere Reden).

Wie zeitaufwendig die Arbeiten zum größten Buch der Welt gewesen sein müssen, kann man sich etwa vorstellen, wenn man bedenkt, dass ein Schreiber für das Abschreiben einer Seite aus der Tipitaka etwa drei Tage brauchte und ein Steinmetz an einem Tag etwa 16 Zeilen Text in den Stein einer 80 bis 100 Zeilen umfassenden Marmorplatte meißelte, deren Lettern danach noch mit Gold ausgegossen wurden.

Weitere Info um das Größte Buch der Welt

Zur weiteren Aufbewahrung und Ausstellung wurden die Marmorplatten schließlich in die Kuthodaw-Pagode verbracht, in der jede Buchseite in einer eigenen kleinen Pagode aufgestellt wurde. Es dauerte fast acht Jahre bevor die Marmorplatten allesamt fertiggestellt waren und die Tempelanlage am 04. Mai 1868 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.

Pagoden für das Größte Buch der Welt

Pagoden für das Größte Buch der Welt

Ursprünglich waren die kleinen, weißen Tempel sogar mit Edelsteinen verziert. Als England aber auch im Norden Birmas eingefallen war, verwüsteten die Eindringlinge auf ihrem Raubzug durchs Land nicht nur viele Tempelanlagen, sondern bedienten sich auch reichlich an den Edelsteinen und anderen Wertschätzen.

Nachdem sich die englischen Truppen aus dem Land zurückzogen, erließ Königin Victoria eine Petition, mit der ab 1892 mit der Restauration der Tempelanlagen begonnen wurde. Zu ihrem alten Glanz konnte man ihnen damit jedoch nicht verhelfen: Vergoldete Lettern wurden mit Ruß und Asche schwarz eingefärbt und die einst reich bestückten, kleinen Tempel zieren heute nur noch wenige Edelsteine.

Der Nachhaltigkeit der Lehren Buddhas im größten Buch der Welt tut dies jedoch keinen Abbruch. Noch heute wird die Tempelanlage von Anhängern der buddhistischen Lehre als Schrein verehrt und als beliebte Sehenswürdigkeit von Touristen geschätzt.

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